Selbstorganisation – eine Eigenschaft der Materie
Teilhard de Chardin hat mich mit seinem Punkt „Omega“ immer schon fasziniert. Er hat aus meiner Sicht mit seinen Skizzen die Theorie der Selbstorganisation der Materie vorweggenommen. Er ist der „Mystiker der Materie“. Um die Entwicklung des Lebens zu erklären nimmt er einen Weltstoff an. Dieser Weltstoff zeigt eine unbeirrbare Konsequenz. Er hat eine Vorzugstendenz hin zum Komplexeren.
Selbstorganisation und Komplexität
Die Materie zeigt also eine inhärente Eigenschaft zur Entwicklung in Richtung einer höheren Komplexität. De Chardin nennt diesen Entwicklungsprozeß die „Komplexifikation“. Es ist wohl der Weltstoff, der heute mit Selbstorganisation oder vielen anderen Begriffen beschrieben wird. Die Idee ist gleich, nur wissenschaftlichen Zugänge haben sich verändert. Es gibt heute eine Auffassung der Selbstorganisation, die der Vorstellung von De Chardin nahe kommt und die mir besonders gut gefällt. Sie besagt, dass Selbstorganisation eine inhärente Eigenschaft der Materie ist. Somit ist es eine Theorie über die Entstehung des Lebens. Leben ist demnach eine innewohnende Eigenschaft des „Stoffes“.
Selbstorganisation und Organisation
Was kann also eine Organisation tun, um Selbstorganisation möglich zu machen? Ist das eine schwierige Aufgabe? Ich denke sie ist einfach und gleichzeitig eine der schwierigsten Aufgaben der Welt. Sie lautet: Einfach zulassen, einfach vertrauen, einfach nur sein. Selbstorganisation ist überall in uns und um uns. Wir können sie nur aktiv verhindern, einschläfern oder so lange zähmen, bis wir sie nicht mehr mit ihrer ganzen Kraft wahrnehmen. Dabei bringt uns die Selbstorganisation das Leben in die Organisation zurück. Es lohnt sich allemal, sich damit zu beschäftigen und die Effizienz einmal hinten anstehen zu lassen. Dort gehört sie hin, in die zweite Reihe.
herzlich,
Heinz Peter Wallner
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Komplexitätstraining und intuitive Entscheidungen
Ich habe mich in letzter Zeit in das Thema Compliance eingearbeitet, sprich in das Einhalten von Regularien. Regeln helfen uns zu schützen. Auffällig ist, dass in unserem Wirtschaftsleben in den letzten Jahren nach jeder Krise, wie auch der aktuellen Finanzkrise, neue Regeln erfunden werden, um uns vor dem neu erkannten bösen (?) Tun kriminell (?) wirkender Akteure zu schützen.
Damit werden die Regelwerke, die wir uns geben (in Deutschland schriftlich seit dem Sachsenspiegel) immer umfänglicher und komplexer. Siehe z.B. auch unser Steuerrecht, wo man sich den Sport machen kann, fleißig nach Schlupflöchern zu suchen. Mir schient, dass dies auch eine Auswirkung des „Omega“ ist.
Viele Grüße, Martin Bartonitz
Lieber Herr Dr. Bartonitz, das sehe ich genau so. Unsere Kultur prägt uns mit Regeln. Jede Instabilität, die unsere Kultur ernsthaft kritisiert und in Frage stellt, wird mit einem neuen Regelwerk „in die Knie“ gezwungen. Aus den Regeln spricht die Angst vor der Veränderung. Wir wollen das was ist, in Regelwerke ein betonieren und der Irritation keine Chance mehr geben. Wir können erleichtert erkennen, dass uns das Leben ein anderes Spiel spielt und sich nicht an die Regeln der Kultur hält. Herzliche Grüße! Heinz Peter Wallner